Mars, Mathe und ein Fehler in Millionenhöhe

Der rote Planet. Wissenschaftler haben aber 1999 aus einem anderen Grund rot gesehen.

Warum nicht nur Wörter übersetzt werden und wie man Messfehler vermeidet

Am 11. Dezember 1998 schickte die NASA eine Robotersonde zum Mars. Ziel war es, ihn zu untersuchen und Näheres über das Klima, die Atmosphäre und Oberflächenveränderungen am Mars zu erfahren. Nach 10 Monaten, im September 1999, brannte die Mars Climate Orbiter aus und zerschellte – ein $125 Millionen teurer mathematischer Übersetzungsfehler.

Die Konstruktionsfirma für die Raumfahrzeuge, Lockheed Martin Astronautics, verwendete für ihre Berechnungen das angloamerikanische Maßsystem während bei der NASA die Ingenieure für Antriebstechnik annahmen, dass es sich bei den zur Verfügung gestellten Daten um metrische handelte. Leider war das nicht der einzige Fehler. Fast 10 Monate lang wurden einige Tests nicht gemacht und Fehler in den Computermodellen übersehen sowie viele kleinere Anpassungen für unerklärliche Falschberechnungen vorgenommen.

John Logsdon, Direktor des Institutes für Weltraumpolitik der George Washington University, machte zur Zeit des Crashes eine interessante Beobachtung und meinte: „Wir können im Weltall mit Russen, Japanern und Franzosen kooperieren, aber wir haben Probleme dabei innerhalb der USA zusammenzuarbeiten. Im Grunde haben wir Partner in dieser Unternehmung, die verschiedene Sprachen sprechen.“

Bei Sprachen und Dialekten wissen wir, dass sie übersetzt werden müssen, aber wie oft machen wir dies bei Einheiten und Zahlen?

Und wie sieht das angloamerikanische Mess- und Maßsystem aus?

Oft verwendete angloamerikanische Maßeinheiten sind Zoll und Yards statt Zentimeter und Meter, Pfund und Unzen statt Kilogramm und Gramms und bei Daten zur Beschleunigung von Raumfahrzeugen Pound-force statt Newton.

Es wird dann übrigens noch komplizierter, wenn man erst mal weiß, dass das angloamerikanische System nicht in sich geschlossen ist, sondern es unterschiedliche nationale Varianten gibt. Das angloamerikanische Maßsystem, das in Großbritannien durch das metrische System ersetzt wurde, ist nicht gleich wie das in den USA verwendete. Als Beispiel:

  • eine Standard-Gallone in den USA = 3,785 Liter
  • eine britische imperiale Gallone = 4,546 Liter

Bitte was?! Um zu erklären, warum sich diese unterscheiden, müssen wir zurück ins späte 15. Jahrhundert. Als Versuch, die Maßeinheiten zu vereinheitlichen, gab König Heinrich VII. vor, dass der Winchester Standard zur Messung von Volumen und Länge heranzuziehen ist.

Im 19. Jahrhundert dann stieg Großbritannien auf das neue angloamerikanische Maßsystem um. Zur gleichen Zeit begann man in den USA auf den Winchester Standard umzustellen, der dort heute noch verwendet wird.

Und um dem noch etwas draufzusetzen, ist Großbritannien dann nochmals umgestiegen und hat das metrische System ab 1965 übernommen.

Quizfrage: Welche drei Länder benutzen das metrische System nicht? Antwort am Ende des Artikels.

Mix and match

Obwohl offiziell das metrische System in Großbritannien zu verwenden ist, findet das angloamerikanische (britische) System immer noch sehr oft Anwendung. Bier wird als Pint serviert und Straßen in Meilen gemessen. Ich weiß, dass ich 5 Fuß 7 Zoll groß bin, aber mein Gewicht kenne ich in kg. Das Gewicht meiner Kinder wurde bei der Geburt in Pfund und Unzen SOWIE in Gramm angegeben. Meine Mutter spricht über Zoll und Yards, ich über Zentimeter und Meter und wandle die Zahlen grob um, sofern ich dazu aufgefordert werde.

Das hört sich wahrscheinlich verwirrend an, aber für uns ist das ganz normal. Wir verwenden das angloamerikanische System oftmals untereinander und nutzen das metrische System in der Unternehmenswelt, Wissenschaft und international. Nachdem Sie jetzt die Unterschiede zwischen den Maßsystemen gesehen haben, wissen Sie natürlich auch, dass Sie diese Sachen in der Zusammenarbeit mit Kollegen und Kolleginnen aus den USA, im Vorhinein abklären sollten.

Weitere gebräuchliche Unterschiede aufgrund der unterschiedlichen Messung zwischen den USA und Großbritannien sind beispielsweise:

  • Temperatur: Fahrenheit statt Celsius
  • Papiergröße: A4 = 210 x 297 mm US letter = 215.9 x 279.4 mm
  • Visitenkarten: In GB und fast ganz Europa verwenden wir 85 x 55 mm, in den USA ist der Standard 88.9 x 50.8 mm

Dies könnten übrigens nützliche Infos sein, wenn Sie beispielsweise die gleichen Vorlagen in allen Standorten auf der ganzen Welt nutzen möchten.

Was bedeutet das für den internationalen Handel?

Im Jahr 1875 unterzeichneten siebzehn Länder (einschließlich die USA) die Meterkonvention und stimmten damit der Einführung des internationalen Einheitensystems (SI) zu. Wie man aber gesehen hat, bedeutet dies nicht, dass alle immer der gleichen Meinung sind. Wenn ein Text übersetzt wird, sind daher Maßeinheiten extra zu überprüfen. Hier meine Top-Tipps:

  • Entscheiden Sie im Vorhinein, welche Einheiten zu nutzen sind, damit es nicht zu Verwirrungen kommt.
  • Wenn Sie mit Unternehmen zusammenarbeiten, die das angloamerikanische System verwenden, dann überprüfen Sie die gegebenen Mengen und Einheiten zwei- bzw. dreimal. Stellen Sie eventuell eine Umrechnungstabelle zur Verfügung.
  • Passen Sie besonders bei Einheiten auf, die im metrischen und angloamerikanischen System auf den ersten Blick gleich aussehen, beispielsweise sind US-Tonnen anders als metrische Tonnen. 1 US-Tonne = 907,18474 kg

Noch mehr Verwechslungen von Maßeinheiten und genauere Details zum Mars Orbiter Crash finden Sie auf Englisch hier: https://usma.org/unit-mixups

Und wenn Sie mit einer Übersetzerin zusammenarbeiten möchten, die Ihre wissenschaftliche Texte sowie die Einheiten übersetzt, schicken Sie mir einfach eine E-Mail!

Antwort auf die Quizfrage: Die USA, Liberia und Myanmar sind die einzigen drei Länder weltweit, die nicht das metrische System verwenden. Das ist eine Info, die man garantiert immer wieder mal gebrauchen kann!